Ex-situ-Kulturen und Translokationen gefährdeter Pflanzenarten

Die Förderung gefährdeter Pflanzenarten ist eine Kernaufgabe von Botanischen Gärten, die mit den vielfältigen Hintergründen von Wissenschaft, Gartenteam und Kommunikation optimal dafür aufgestellt sind. Vor allem bei Ex-situ-Erhaltung (Arterhaltung ausserhalb des Lebensraumes) und Translokationen (Auspflanzung in den natürlichen Lebensraum) spielen sie eine zentrale Rolle. Der BOGA erforscht die Themen Ex-situ-Erhaltung und Translokationen in einem nationalen und einem internationalen Forschungsprojekt, fördert mit Ex-situ-Vermehrungen und -Kulturen verschiedene gefährdete Arten der Schweiz in enger Zusammenarbeit mit Kantonen und anderen Institutionen und organisiert regelmässig Workshops zum Austauschen und Vernetzen verschiedener Naturschutzakteure der Schweiz.

Netzwerkveranstaltungen

Workshops im Rahmen des Ex-situ-Projekts

Der BOGA organisiert zusammen mit Info Flora und dem Conservatoire et Jardin botaniques Genève Workshops zu Themen im Natur- und Artenschutz, mit einem Bezug zu Ex-situ-Arterhaltung und Translokationen gefährdeter Pflanzenarten. Ziele der Workshops sind die Vermittlung des aktuellen, wissenschaftlichen Kenntnisstandes, die Diskussion zentraler Probleme sowie Austausch und Vernetzung von Praktiker:innen, Forscher:innen und den zuständigen Behörden in der Schweiz. Mehr zu den vergangenen Workshops:

Forschungsprojekte

Die Wissenschaftler:innen des BOGA sind seit mehreren Jahren in der Forschung zum Thema Ex-situ-Erhaltung gefährdeter Pflanzenarten (Erhaltung von Pflanzenarten ausserhalb ihres natürlichen Lebensraumes) und Translokationen aktiv. Geforscht wird unter anderem in folgenden zwei Projekten:

Die Wissenschaftler:innen des Ex-situ-Projektes erforschen wichtige Fragen zur Ex-situ-Erhaltung, Förderung und Translokation gefährdeter Wildpflanzen. Insbesondere untersuchen sie artspezifische Gründe für den Rückgang gefährdeter Wildpflanzenarten, mit dem Ziel verschiedene Risiken besser einschätzen zu können. Mögliche Gründe sind beispielsweise Klimatoleranz, Reaktion auf Nährstoffvariation und Konkurrenz, pathogene Bodenorganismen sowie ihre Anfälligkeit auf Herbivoren und heterospezifischen Pollen. Weiter führen sie experimentelle Translokationen durch, um den Einfluss verschiedener Faktoren, wie genetische Vielfalt des Ausgansmaterials, Anzahl angepflanzter Individuen oder Inzucht versus Auszucht, auf den Erfolg dieser Translokationen zu untersuchen. Das Projekt befindet sich in der zweiten Phase.

Gefördert durch das Bundesamt für Umwelt (BAFU)

Im TRANSLOC-Projekt untersuchen zehn Partneruniversitäten die ökologischen, evolutionären und soziologischen Auswirkungen von Translokationen gefährdeter Pflanzen und Tiere in der Westpaläarktis. Die gesammelten Daten dienen zur Entwicklung gemeinsamer Erfolgskriterien für Translokationen gefährdeter Arten sowie der Verbesserung des Verständnisses darüber, wie verschiedene Faktoren den Erfolg und die Wirksamkeit von Translokationen erhöhen. Zusammen mit der IUCN Conservation Translocation Specialist Group sollen ausserdem verbesserte Richtlinien für die Durchführung und Überwachung von Translokationen und die Bewertung ihres Erfolges veröffentlicht werden. Ein weiterer Schwerpunkt des Projektes liegt auf der Vernetzung von Praktiker:innen, Interessensvertreter:innen aus Landwirtschaft und Forstwirtschaft, sowie lokalen Vertreter:innen und politischen Entscheidungsträger:innen.

Gefördert durch Biodiversa+ und den SNSF

Projektwebsite Biodiversa

Im Rahmen des Projekts entsteht folgende wissenschaftliche Arbeit:

Dissertation von NADLINE KJELSBERG: Wiederherstellung von Ökosystemen durch Wiedereinführung der Flora

Ex-situ-Erhaltung und Vermehrung gefährdeter Pflanzenarten

Der BOGA ist ein wichtiger Partner bei der Umsetzung von Naturschutz- und Artenförderungsmassnahmen. So kultiviert der BOGA in Zusammenarbeit mit Kantonen und anderen Institutionen gefährdete Arten ex situ (ausserhalb ihres natürlichen Lebensraums) und stellt diese für Translokationsprojekte bereit. In Kulturanleitungen fassen die verantwortlichen Gärtner:innen und Wissenschaftler:innen die gewonnenen Erkenntnisse zusammen und veröffentlichen diese. Auch bei der Durchführung von Translokationen oder dem richtigen Sammeln gefährdeter Arten steht das BOGA-Team beratend zur Seite.

Translokation des Lanzettblättrigen Froschlöffels im Kanton Bern

Der stark gefährdete Lanzettblättrige Froschlöffel (Alisma lanceolata) kommt in der Schweiz meist nur noch in kleinflächigen und isolierten Populationen vor. Ein Grund für seinen Rückgang ist der Verlust seines typischen Lebensraumes. Er wächst auf schlammigem Grund von Ufern, wo sich Überschwemmung und Trockenheit abwechseln und sich konkurrenzstärkere Arten nicht wohl fühlen. Der BOGA vermehrt und hältert diese Art seit 2020 für den Kanton Bern.

Vermehrung im BOGA seit: 2020
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 200

Ex-situ-Kultur und Vermehrung der Spitzorchis

Die Spitzorchis (Anacampsis pyramidalis) ist eine Art der Mitteleuropäischen Halbtrockenrasen (Mesobromion). Sie ist in der Schweiz als potentiell gefährdet und im Kanton Bern als verletzlich eingestuft. Wie alle Orchideenarten ist sie vollständig geschützt und darf nicht ohne Sammelbewilligung gepflückt werden. Momentan sind im Mesobromion im BOGA zwei Individuen gepflanzt. An diesen wird beobachtet, ob die Lebensraumbedingungen im BOGA passen. Bleiben die zwei Individuen erhalten, so sollen weitere dazu gepflanzt werden, die sich in den nächsten 10-20 Jahre natürlich vermehren und irgendwann als Ursprungspopulation für Translokationsprojekte dienen können.

Erhaltungsversuche im BOGA seit: 2023
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 2

Translokation des Kleinlings im Kanton Aargau

Der in der Schweiz vom Aussterben bedrohte Kleinling (Anagallis minima) wächst in einjährigen Schlammfluren, kann aber auch in feuchten Äckern vorkommen. Die Vorkommen dieser Art sind in den letzten Jahren stark zurückgegangen, weshalb für ihn in der Schweiz ein hoher Massnahmenbedarf besteht. Probleme für den Kleinling sind Ackerbau mit Unkrautbekämpfung, zu wenig Dynamik auf oder Aufgabe von Riedwegen, Drainage von Äckern und zu früher Umbruch der Stoppelfelder, sowie die fehlende Dynamik an Feuchtstandorten. Um dem Kleinling unter die Arme zu greifen, vermehrte der BOGA diese Art im Auftrag des Kantons Aargau während zwei Jahren und gab die daraus gewonnenen Samen für Translokationsprojekte weiter.

Vermehrung im BOGA: 2019-2020

Translokation der Mauer-Gänsekresse im Berner Jura

Die Mauer-Gänsekresse (Arabis collina) ist in der Schweiz vor allem im Wallis zu finden. Im Jura gibt es nur noch wenige, kleine Vorkommen. Sie wächst natürlicherweise im Lebensraum Kontinentaler Trockenrasen in Felswänden. Deshalb befindet sich diese Art oft inmitten von Kletterrouten und wird durch das Reinigen der Kletterrouten gefährdet. Der BOGA hat diese Art von 2021-2023 für den Kanton Bern vermehrt. Eine besondere Herausforderung bei dieser Art war die Translokation. Sie konnte nur mittels Samen ausgebracht werden und wurde z.T. durch Abseilen und z.T. mit Hilfe einer Art Schleuder in die Felswände ausgebracht.

Vermehrung im BOGA: 2021-2023
Anzahl vermehrte Individuen: 400
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 50

Vermehrungsversuche des Langblättrigen Hasenohrs für den Kanton Bern

Das in der Schweiz als verletzlich eingestufte Langblättrige Hasenohr (Bupleurum longifolium) kommt in lichten Laubwäldern und an steinigen Hängen vor. Dort lebt es meist in kleinen, isolierten Vorkommen und ist durch ungeeignete Forstwirtschaft, Verbuschung, Nährstoffeinträge und zu frühe Mahd entlang von Forststrassen und Wanderwegen bedroht. Bevor entschieden werden kann, ob Ex-situ-Massnahmen zusätzlich zum Lebensraumschutz möglich sind, muss herausgefunden werden, ob das Langblättrige Hasenohr ex situ vermehrt werden kann. Deshalb laufen im BOGA seit 2022 Keimungs- und Vermehrungsversuche.

Vermehrung im BOGA seit: 2022

Translokation der Borstigen Glockenblume im Kanton Aargau und Bern

Nach erfolgreicher Vermehrung der Borstigen Glockenblume (Campanula cervicaria) für Translokationsprojekte mit Samen im Kanton Aargau, startete 2021 ein neues Projekt zusammen mit dem Kanton Bern. Auch im Kanton Bern ist eines der häufigsten Probleme eine zu frühe Mahd von Weg- und Strassenrändern im Wald, an welchen die Borstige Glockenblume vorkommt. Deshalb ist eine gute Zusammenarbeit mit den Förster:innen und Waldbesitzer:innen essenziell. Der BOGA vermehrt Pflanzen, die an geeigneten Standorten wieder ausgepflanzt werden. Es wurden bereits mehrere Ansiedlungen durchgeführt und weitere sind geplant.

Vermehrung seit: 2019
Bisher vermehrte Individuen: 1000

Translokation der Torf-Segge für die Kantone Bern und Graubünden

Die Torf-Segge (Carex heleonastes) wird in der Schweiz als stark gefährdet eingestuft und hat eine hohe nationale Priorität mit klarem Massnahmenbedarf. Die Torf-Segge kommt in Übergangsmooren vor, einem Lebensraum, der durch Torfabbau, natürliche Sukzession, Verbuschung und ungeeigneter Bewirtschaftung stark gefährdet ist. Deshalb ist das Vorkommen der Torf-Segge auf wenige, isolierte Populationen zurückgegangen. Die Torf-Segge befindet sich bereits seit 2016 im BOGA. Seit 2019 wurde sie für eine Translokation aktiv vermehrt und seither als kleine Ex-situ-Kultur für zukünftige Vermehrungs- und Translokationsprojekte gehältert. Im Jahr 2024 startet ein zusätzliches Projekt für den Kanton Graubünden. Durch Ex-situ-Vermehrung und anschliessende Translokationen sollen die letzten beiden Vorkommen der Torf-Segge im Graubünden erhalten bleiben.

Vermehrung und Erhaltung seit: 2016
Bisher vermehrte Individuen: 300
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 150

Translokation des Wasserschierlings am Wohlensee

Der Wasserschierling (Cicuta virosa) wächst am Rande von Gewässern. Diese stark gefährdete Art ist vor allem durch verloren gegangene Wasserdynamiken bedroht, was zu Austrocknung oder Verschilfung der Vorkommen führen kann. Der BOGA vermehrt den Wasserschierling ex situ, damit der Kanton Bern ihn am Wohlensee wieder ansiedeln kann. Eine erste Translokation hat bereits im Jahr 2020 stattgefunden, eine zweite Translokation zögert sich aufgrund fehlender, geeigneter Lebensräume heraus. Bis eine weitere Translokation möglich ist, erhält der BOGA 30 weitere Individuen in einer Ex-situ-Kultur, welche als Ausgangsmaterial für weitere Vermehrungen dienen können.

Vermehrung im BOGA seit: 2020
Bisher vermehrte Individuen: 150
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 30

Translokation der Schwarzen Flockenblume im Kanton Bern

Die in der Schweiz stark gefährdete Schwarze Flockenblume (Centaurea nemoralis) kommt in mageren Wiesen und an Waldrändern vor. Vor allem eine zu frühe Mahd, zu intensive Beweidung und zu hohe Nährstoffeinträge sind ein grosses Problem für ihre Vorkommen. Die Schwarze Flockenblume kommt vor allem in kleinen, isolierten Populationen vor. Deshalb sind Ex-situ-Vermehrungen mit dem Ziel der Verstärkung bestehender Populationen und Ansiedlungen zur Vernetzung dieser ein wichtiger Bestandteil ihres Schutzes. Im BOGA wird die Schwarze Flockenblume seit 2021 vermehrt, eine erste Translokation hat 2023 stattgefunden. Sobald ersichtlich ist, wie erfolgreich diese war, wird der BOGA für eine erneute Translokation weitere Individuen vermehren.  

Vermehrung seit: 2021
Bisher vermehrte Individuen: 186

Vermehrungsversuche der Trauben-Pippau für den Kanton Bern

Die Trauben-Pippau kommt an trockenwarmen Krautsäumen zwischen Magerwiesen und lichten Gehölzen vor. Verluste durch Tritt und Frass, eine zu frühe Mahd, welche das Absetzten von Samen verhindert oder fehlende offene Stellen für die Keimung der Samen sind die Hauptprobleme für die Trauben-Pippau, die nur noch in kleinen und isolierten Populationen vorkommt. Da es über diese Art nur wenige Informationen zur Vermehrung gibt, versucht der BOGA, die Trauben-Pippau mit verschiedenen Methoden zum Keimen zu bringen, um eine Ex-situ-Vermehrung zu ermöglichen.

Vermehrungsversuche seit: 2022
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 6

Translokation des Zierlichen Wollgrases für den Kanton Graubünden

Das Zierliche Wollgras (Eriophorum gracile) ist in der Schweiz stark gefährdet. Wie bei anderen Übergangsmoorarten sind der Verlust des Lebensraumes durch zu starke oder fehlende Wasserpegelschwankungen, Aufgabe einer extensiven Landwirtschaft und Eutrophierung (zu hoher Nährstoffeintrag) die grösste Bedrohung dieser Art. Im Kanton Graubünden gibt es heute nur noch eine Population des Zierlichen Wollgrases. Diese wird geschützt und soll durch im BOGA vermehrte Individuen verstärkt werden. Da sich die Art sowohl durch Samen wie auch durch vegetative Ausläufer vermehrt, werden beide Formen der Vermehrung versucht, um so schnell wie möglich Pflanzen zu haben, die zurück in die sehr kleine Population gebracht werden können.

Vermehrung seit: 2024
Bisher vermehrte Individuen: 0

Translokation des Acker-Gelbsterns

Der Acker-Gelbstern (Gagea villosa) ist eine typische Art von Ackerrändern und Weinbergen, kommt aber auch in Parkanlagen vor. Wegen der Intensivierung der Landwirtschaft und vor allem dem vermehrten Einsatz von Pestiziden ist der Acker-Gelbstern in der Schweiz stark unter Druck geraten und wird heute als vom Aussterben bedroht eingestuft. Zusammen mit den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt versucht der BOGA den Acker-Gelbstern zu fördern. Die Acker-Gelbsterne sind seit 2018 im BOGA und werden aufgrund derer langsamen Vermehrung voraussichtlich noch einige Jahre da bleiben. Es haben mittlerweile mehrere erfolgreiche Ansiedlungen in Weinbergen stattgefunden, weitere sind geplant.

Vermehrung im BOGA seit: 2018
Bisher vermehrte Individuen: 500
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 600

Umsiedlung der Bocks-Riemenzunge im Zuge von Bauarbeiten an der A16

Die Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum) gehört wohl zu den spektakulärsten einheimischen Orchideenarten. Mit ihren extrem verlängerten Zungenblüten, die bis zu 6 cm lang werden können, ist sie klar von allen anderen Orchideen in der Schweiz zu unterscheiden. Im Auftrag des Bundesamtes für Strassen, ASTRA, hat der BOGA eine von Bauarbeiten bedrohte Population der Riemenzunge an der A16 ausgegraben und in den Garten verpflanzt. Dort fühlen sie sich sichtlich wohl. So konnte die Population nicht nur erhalten, sondern fast um das doppelte vermehrt werden. Die Bauarbeiten an der A16 sind beendet und eine Renaturierung des Lebensraumes hat stattgefunden. So können die Pflanzen im Herbst 2024 wieder zurückgebracht werden.  

Hälterung und Vermehrung seit: 2019
Bisher vermehrte Individuen: 40
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 40

Ex-situ-Kultur in Zusammenarbeit mit dem Botanischen Garten der Universität Rom, Italien

Isoëtes malinverniana ist eine vom Aussterben bedrohte Art, die weltweit nur noch im Nordwesten Italiens in zehn kleinen Populationen vorkommt. Sie lebt in Gewässern und ist durch Eutrophierung (zu hoher Nährstoffeintrag) dieser bedroht, denn der Nordwesten Italiens ist eine der produktivsten landwirtschaftlichen Flächen Europas. Zwei italienische Institutionen haben sich zusammengeschlossen um Isoëtes malinverniana in Ex-situ-Kulturen zu erhalten und zu vermehren. Der BOGA ist der erste Botanische Garten ausserhalb Italiens der eine Ex-situ-Kultur von Isoëtes malinverniana besitzt. Dies ist ein Versuch zu sehen, wie sich die Art nach einem längeren Transport etablieren kann. Ein wichtiges Projekt, denn das Verteilen von Ex-situ-Kulturen auf mehrere Botanische Gärten ist eine Absicherung vor Bedrohungen wie z.B. Schädlingen.

Ex-situ-Kultur seit: 2022
Individuen in Ex-situ-Kultur: 23

Translokation der Moor-Binse im Kanton Luzern

Von der Moor-Binse (Juncus stygius) existieren schweizweit nur noch zwei Populationen. Beweidung, Verbuschung und der Bau von Skipisten sind die Ursachen des Populationsverlustes. In Zusammenarbeit mit dem Kanton Luzern, vermehrt der BOGA diese Art seit dem Jahr 2020. Mit den so gewonnenen Individuen begann im Jahr 2022 die Gründung einer dritten Population, welche nach und nach mit weiteren Individuen aus dem BOGA ergänzt wird. Zusätzliche Pflanzen werden vermehrt um Samen für die Einlagerung in der Samenbank des Conservatoire et Jardin botaniques de Genève zu gewinnen.

Vermehrung seit: 2020
Bisher vermehrte Individuen: 71
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 95

Vermehrungsversuche der Zwiebelorchis

Die eher unauffällige, als verletzlich eingestufte Zwiebelorchis (Liparis loeseli) wächst in kalkhaltigen Flachmooren. In der Vergangenheit wurden grosse Teile ihres Lebensraumes durch Entwässerung zum Gewinn von landwirtschaftlichen Flächen oder Bauprojekten zerstört. Die Zwiebelorchis ist sehr empfindlich auf konkurrierende Arten und kommt deshalb häufig an Pionierstandorten oder auf Flächen, die durch alte Tierrassen extensiv Beweidet werden vor. Aufgrund ihrer Konkurrenzempfindlichkeit ist die Eutrophierung (erhöhter Nährstoffeintrag) durch benachbarte landwirtschaftliche Flächen ein grosses Problem. In der Schweiz gibt es nur noch ca. 50 Standorte, an welchen die Zwiebelorchis, oft nur noch mit 1-10 Individuen, vorkommt. Im Kanton Bern sind bis auf zwei Populationen alle Vorkommen ausgestorben. Der BOGA hat 2022 Zwiebelorchis erhalten, welche im Labor auf Agar vermehrt worden sind. Er übernimmt den schwierigen Transfer der Pflanzen vom Agar in die Erde. Die vermehrten Zwiebelorchis sollen später für Translokationen genutzt werden.

Vermehrung seit: 2022
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 32

Translokation der Deutschen Tamariske an der Sense und der Kander

Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Vermehrungs- und Translokationsprojekt der Deutschen Tamariske (Myricaria germanica) an der Kander zusammen mit der IMPULS AG Thun, soll dieser Erfahrungsschatz nun zwei weiteren Projekten dienen: Einerseits sollen weitere 700 Individuen für eine Verstärkung der angesiedelten Population an der Kander vermehrt werden. Andererseits gibt es auch entlang der Sense viele Standorte mit natürlicher Überschwemmungsdynamik, an welchen die Deutsche Tamariske wiederangesiedelt werden soll. Der BOGA hat dafür die Vermehrung gestartet.

Vermehrung seit: 2018
Bisher vermehrte Individuen: 400
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 900

Vermehrungsversuche der Bienen-Ragwurz im Mesobromion des BOGA

Die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) kommt an nicht allzu trockenen, bis leicht feuchten Stellen von Mitteleuropäischen Halbtrockenrasen (Mesobromion) vor. Vor allem Trockenheit im Herbst und Frühling bereiten ihr grosse Schwierigkeiten. Weitere Bedrohungen sind zu hoher Nährstoffeintrag, zu frühe Mahd, zu hohe Vegetation im Winter oder das pflücken durch die Bevölkerung. Einzelne Bienen-Ragwurz-Pflanzen sind bereits im Mesobromion des BOGA, um die Etablierung einer Ex-situ-Kultur zu testen. Weitere, auf Agar vermehrte Individuen, werden im BOGA in Erde transferiert und sollen als Ausgansmaterial für Translokationen dienen.

Ex-situ-Kultur und Vermehrung seit: 2022
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 5

Ansiedlung des Blutauges im Kanton Bern

Das Blutauge (Potentilla palustris) ist eine in der Schweiz potenziell gefährdete und im Kanton Bern als verletzlich eingestufte Wildpflanzenart, welche in Übergangsmooren vorkommt. Sie ist vor allem durch den Rückgang ihres Lebensraumes zum Beispiel für Torfgewinnung oder der Trockenlegung für Landwirtschaft bedroht. Nach ersten Erhaltungs- und Vermehrungsversuchen im BOGA hat sich herausgestellt, dass sich Translokationen auch direkt mit Stecklingen machen lassen, ohne dass eine Zwischenvermehrung im BOGA nötig ist. Die im BOGA gehälterten Individuen werden nun noch für eine Translokation genutzt.

Erhaltungsversuche seit: 2021
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 14

Vermehrungsversuche mit der Moor-Weide

Die Moor-Weide (Salix repens) kommt in kalkhaltigen Flachmooren und Magerrasen vor. Die Zerstörung ihres Lebensraumes durch Entwässerung, Wasserstandregelung, Flusskorrekturen. Eutrophierung (erhöhter Nährstoffeintrag) und ungeeignete Bewirtschaftung, welche konkurrierende Pflanzen fördert, führt dazu, dass sie in der Schweiz als verletzlich eingestuft wird. Im BOGA wird versucht, die Moor-Weide via Stecklingen zu vermehren. Die Vermehrung dieser Art ist herausfordernd und es wird noch weiter experimentiert, um die Methodik zu verbessern und die Vermehrung erfolgreicher zu gestalten. Danach werden Translokationen in einem sinnvollen Rahmen durchgeführt.

Vermehrungsversuche seit: 2021
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 47

Translokation des Knöllchen-Steinbrechs im Kanton Bern

Der in der Schweiz als verletzlich eingestufte Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata) wächst in nährstoffarmen Wiesen und Böschungen. Vorhandene Vorkommen müssen vor neuen Bauvorhaben geschützt und durch angepasste Nutzung (keine Beweidung und späte Mahd) gefördert werden. Seit 2021 hat der BOGA Vermehrungsversuche durch Samen und Knöllchen durchgeführt. Nun wird der Knöllchen-Steinbrech in grösserer Zahl vermehrt, um in den nächsten Jahren Translokationen im Kanton Bern zu ermöglichen.

Vermehrung seit: 2021
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 523

Translokation der Blumenbinse im Kanton Bern

Die Blumenbinse (Scheuchzeria palustris) ist eine Art der Übergangsmoore und wird in der Schweiz als verletzlich eingestuft. Im Kanton Bern kommt die Blumenbinse nur noch in sehr kleinen und isolierten Populationen vor. Deshalb will der Kanton diese Vorkommen durch Ex-situ-Vermehrungen und Translokationen stärken und vernetzen. Der BOGA unterstützt ihn bei diesem Vorhaben, indem er bei der Sammlung der Pflanzen und Samen berät, und Pflanzen seit dem Spätsommer 2021 ex situ vermehrt.

Vermehrung seit: 2021
Anzahl Individuen in Ex-situ-Kultur: 400

Wiederansiedelung des Spreizenden Kreuzkraut im Kanton Bern

Das Spreizende Kreuzkraut (Senecio erraticus) wächst gerne an etwas feuchteren und schattigen Stellen, wie zum Beispiel Waldrändern. Durch Verbuschung, aber auch weil Wald- und Wegränder häufig zu früh gemäht werden, ist diese Art bedroht. Da sie ausserdem mit dem giftigen Jakobs Greiskraut (Senecio jacobae) verwechselt werden kann, wird sie zum Teil, aus Versehen, aktiv bekämpft. Der BOGA vermehrt das Spreizende Kreuzkraut seit 2021 für den Kanton Bern, welcher damit bereits mehrere Ansiedlungsprojekte durchgeführt hat.

Vermehrung seit: 2021
Bisher vermehrte Individuen: 380

Vermehrungsversuche des Alant-Greiskrautes für den Kanton Bern

Das in der Schweiz stark gefährdete Alant-Greiskraut (Tephroseris helinitis) wächst in Pfeifgraswiesen (Flachmoorwiesen). Das Alant-Greiskraut ist sehr empfindlich auf konkurrierende Pflanzen, weshalb Eutrophierung (erhöhter Nährstoffeintrag) und invasive Neophyten zu den grössten Bedrohungen gehören. Durch das Einrichten von Pufferzonen und die Unterstützung von traditioneller Bewirtschaftung (Streunutzung) sollen die Vorkommen des Alant-Greiskrautes gefördert werden. Die Keimung und vor allem das Hältern der Pflanzen haben sich als herausfordernd gezeigt. Weitere Keimungs- und Vermehrungsversuche sind geplant. Sobald diese erfolgreich sind, sollen in einem ersten Schritt Samen für die Ex-situ-Erhaltung in der Samenbank des Conservatoire et Jardin botaniques de Genève und nach Möglichkeit in einem zweiten Schritt Pflanzen für Translokationen gewonnen werden.

Vermehrungsversuche seit: 2022
Vermehrte Individuen: 1

Vermehrungsversuche des Siebensterns für den Kanton Bern

Der Siebenstern (Trientalis europaea) gilt in der Schweiz als verletzlich. Er kommt meist in Nadelwäldern und Birkenmooren vor, hat aber in seinen Vorkommen eine relativ breite Amplitude. Der Siebenstern ist eine Art, die auch vor längerer Zeit in der Schweiz nur wenige, disjunkte Vorkommen hatte. Obwohl diese Vorkommen relativ stabil waren, gibt es vermehrt Bedrohungen, vor allem durch die Aufgabe extensiver Landwirtschaft, was zu natürlicher Sukzession und Verbuschung der Lebensräume und so zum Verlust des Siebensternes führt. Da es nur wenige Vorkommen gibt, versucht der BOGA die Art für den Kanton Bern zu vermehren. Die Pflanzen sollen entweder als Absicherung in einer Ex-situ-Kultur (als Pflanzen oder Samen) gehältert oder zur Gründung von Trittsteinpopulationen oder Populationsstärkungen genutzt werden. Bisher sind Keimungsversuche nicht geglückt. Ob dies an den Methoden oder an genetischen Gründen liegt, ist schwierig zu sagen. Es werden weitere Keimungsmethoden sowie vegetative Vermehrung ausprobiert.

Keimungsversuche seit: 2022
Vermehrte Individuen: 0